Jeder geschaffte Tag ist ein Gewinn: Am 17.11. ist Welt-Frühgeborenen-Tag
Mila, 7 Tage nach der Geburt
Erinnerungen: Es ist 11:53 Uhr – ich vernehme ein seltsames Geräusch – ein zartes, unfassbar leises Schreien. Es ist dein erster Ton auf dieser Welt. Nun bist du da – 11 Wochen zu früh, wiegst 1.240 g und bist 36 cm klein.
Du bist so wahnsinnig winzig und doch wunderschön. Ich kann nur erahnen, was die nächsten Wochen auf uns zukommt, und doch weiß ich: wir schaffen das! Du bist da – du bist voller Leben und zeigst deutlich, dass du einen unbändigen Willen hast. Nun ist es schon so lange her – dein Wille ist weiterhin unglaublich stark. Du bist gesund, fröhlich, wissbegierig und ein zauberhaftes Mädchen. Dennoch denke ich oft an die Zeit am Anfang deines Lebens. An die unsagbaren Ängste um dich. An die vielen Schläuche an deinem kleinen Körper. An das durchdringende Piepen des Überwachungsmonitors, wenn dein Atmen ausgesetzt hat. Aber auch an viele Kuschelstunden mit dir auf meiner Brust, an das Glücksgefühl, als du eine winzige Menge Muttermilch selbstständig getrunken hast. Und an den unfassbaren Moment, als du nach knapp 6 Wochen nach Hause durftest. Ich war glücklich, oft traurig, verzweifelt, und kraftlos – aber nie ohne Mut. Die Liebe zu dir hat mich beflügelt – durch dich bin ich innerlich stark geworden.
Heute spielen wir mit deinen Puppen – du läufst zum Puppenschrank und zeigst mir einen Strampler. Lächelnd sagst du mir: „Das ist meiner, aber er ist meiner Püppi zu klein“. Wie recht du hast – mein kleines, großes Mädchen! Das waren Worte einer Frühchen-Mama an ihr Kind. Annett erzählt über ihre Sorgen, Ängste und Glücksmomente.
Wie kannst du die Schwangerschaft beschreiben? Gab es einen Auslöser für die Frühgeburt?
Die Schwangerschaft mit Mila war geprägt von Sorgen und ständiger Angst um das ungeborene Kind. Jeder geschaffte Tag war ein Gewinn. Trotz der mentalen Belastung ist das Kind sehr gut gewachsen und war äußerst mobil im Mutterleib. Die Ärzte haben vermutet, dass das der Auslöser für den vorzeitigen Blasensprung war.
Was wurde getan, um die Geburt noch aufzuhalten?
Ich hatte das Glück, dass die Fruchtblase im Krankenhaus geplatzt ist. So konnte mir sofort eine Infusion gelegt werden, mit wehenhemmenden Mitteln und Antibiotika, damit das Risiko einer Infektion für Mutter und Kind minimiert werden konnte. Die Ärzte haben mir außerdem mehrere Gaben Celestan gespritzt. Dieses Medikament bewirkt die Reifung der Lungen, und dadurch treten nach der Geburt weniger Komplikationen bei der Atmung auf. Zwei Tage nach dem Blasensprung wurde meine Tochter per Kaiserschnitt geboren.
Dein Kind ist in der 29. SSW geboren – gab es Komplikationen?
Gott sei Dank keine schwerwiegenden. Sicher, das Kind war wahnsinnig klein, aber Mila hat sofort selbstständig geatmet. Ihre Lungen mussten nur unterstützt werden, das heißt, sie wurde nicht beatmet, sondern durch kleine Impulse wurde die, noch unregelmäßige, Atmung angeregt. Das war ein Glücksfall, denn oft haben Frühchen, die beatmet wurden Probleme mit den Augen. Durch den ausgeübten Druck beim Beatmen steigt der Augendruck und kann wichtige Gefäße im Auge zerstören. Die ersten Tage sind immer kritisch, denn es können Hirnblutungen auftreten. Die Ärzte waren fürsorglich und beflissen in ihrer Arbeit. Alles wird genau untersucht. Durch einen Tropf wurden ihr lebenswichtige Vitamine und Fette zugeführt. Der kleine Organismus ist noch nicht in der Lage, das selbstständig aus der Nahrung aufzuspalten. Circa vier Wochen nach der Entbindung hat Mila eine Bluttransfusion erhalten. Sie wurde täglich schwächer und blasser, hatte keine Kraft mehr zum Trinken. Deshalb haben sich die Ärzte dazu entschlossen. Das war sehr befremdlich, aber es hat ihr sehr gut getan.
Wie wird ein Frühchen ernährt?
Es sollte das Bestreben jeder Mutter sein, dass sie ihr Kind, wenn möglich, mit Muttermilch ernährt. Das ist meine persönliche Meinung. Gerade Frühgeborene haben einen noch empfindlicheren Magen. Die Muttermilch bietet genau das, und vor allem in der Zusammensetzung, wie das Kind es benötigt. Sofort nach der Entbindung wurde durch die Hebammen mit Einreibungen, Bruststimulation und natürlich Stilltee der Milchfluss angeregt. Selbst die ersten Tropfen wurden mit der Pipette aufgenommen und unserer Tochter verabreicht. In den nachfolgenden Wochen musste ich aller zwei Stunden Muttermilch mit einer elektrischen Pumpe abpumpen. Auch nachts – das war wirklich ermüdend, weil man ja auch sein Baby beim Stillen im Arm haben möchte. Mila hat alle zwei Stunden über eine Nasensonde die Muttermilch, welche zusätzlich mit Nährstoffen und Fetten versehen war, verabreicht bekommen. Die Menge wurde stets gesteigert. Es war nicht einfach, da zuzusehen. Der Magen ist so winzig, die verabreichten Mengen kamen oft wieder zurück. Trotzdem wurde diese Prozedur beibehalten – die Gewichtszunahme hatte oberste Priorität. Im Alter von circa drei Wochen war sie stark genug, selbstständig an der Brust zu trinken. Man freut sich über klitzekleine Mengen – 10 g waren ein Wahnsinnserfolg! Vor und nach dem Stillen wurde sie gewogen. Insgesamt habe ich Mila fast zwei Jahre gestillt.
Was hat das Alles für eure Familie bedeutet?
Das Krankenhaus liegt 45 Minuten Fahrtzeit von zuhause entfernt. Milas Papa und Milas großer Bruder Timo haben uns jeden Tag besucht. Die Nähe zur Familie, der Körperkontakt und auch der Kontakt mit „normalen“ Keimen sind für ein Frühchen extrem wichtig. Das Krankenhaus hat sehr viel Wert auf das Bonding gelegt, und es war zu keiner Zeit ein Problem, dass die engsten Angehörigen mich und das Baby jederzeit besuchen durften. Wir hatten Zeit, als Familie zusammenzuwachsen. Konnten gemeinsam weinen und uns über Fortschritte freuen. Es war eine schwere Zeit, aber sie hat uns noch näher zusammengebracht.
Wurde euch psychologische Hilfe angeboten?
Nein, das war kein Thema. Ich weiß aber auch nicht, ob ich diese Hilfe angenommen hätte. Man muss für sich selbst den besten Weg finden, schwierige Situationen zu meistern und nicht zu verzagen. Die Schwestern und Ärzte auf der Neonatologie hatten stets ein offenes Ohr und der Kontakt zur Familie heilt ebenfalls. Mir war es auch wichtig, andere Mütter in ähnlichen Situationen zu erleben, sich mit ihnen auszutauschen und zu spüren, dass man nicht allein ist. Dadurch sind wunderbare Freundschaften entstanden – der Mütter und auch der Kinder.
Wie sieht der Alltag mit einem Frühchen aus?
Wir durften nach 5,5 Wochen das Krankenhaus verlassen. Mila hatte ein Gewicht von 2.000 g. Es war anstrengend. Fast rund um die Uhr habe ich sie gestillt oder getragen. Den Frühgeborenen wird ein koffeinhaltiges Medikament gegeben, damit der Schlaf nicht zu fest ist und sie Atemaussetzer selbst bemerken. Folglich hat sie selten geschlafen. Aber wir haben es geschafft. Nach circa acht Wochen hat sich alles wunderbar eingespielt. Und auf einmal hatten wir ein ganz normales Baby. Mila wurde größer und unsere Sorgen kleiner. Wir sind sehr stolz auf sie, auf ihren Bruder und auch auf uns.
Mila mit 3 Jahren ...
... inzwischen ist das Energiebündel 10 Jahre alt und räumt beim Tischtennis jede Menge Preise ab.
Annett Mitschke · 13.11.2024
Das könnte dich auch interessieren:
Entdecken Sie das Geburtshaus Bühlau in Dresden!
Das Hebammenteam bietet die Möglichkeit, in einer familiären, geschützten Einrichtung eine natürliche und selbstbestimmte Geburt zu erleben.
Das richtige Spielzeug fürs Baby
Diese Ideen fördern spielerisch Kreativität und Entwicklung. Tipp: Es muss nicht teuer sein!
Wegbegleiterin für die emotionalen Momente des Lebens
Julia Steglich findet die richtigen Worte für Trauungen und Abschiede .. und bei der BABY Kind + Kegel 2024!
Mitmachen
& Gewinnen
Bezaubernde Musicals für die ganze Familie mit Theater Liberi
Wir verlosen Tickets für das Musical-Highlight „Schneekönigin“ in Limbach-Oberfrohna und in Halle (Saale).
Malen
& Basteln
DIY: Wichteltür für kleine Mitbewohner
Gehört ihr auch zu den Glücklichen, die einen Weihnachtswunderwichtel beherbergen?
Kochen
& Backen
Ofen-Kürbis mit Feta
Unser Tipp für saisonale Familienküche: Gesundes Essen für Mama und Kind. So Lecker und noch schneller zubereitet.