Schule und Bildung
Foucault for Future
PR · 09.03.2023

Auf dem Weg zum Léon-Foucault-Gymnasium plagt mich ein wenig ein schlechtes Gewissen, als ich die knapp 75 Minuten von Dresden nach Hoyerswerda mit dem Auto statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklege. Schließlich besuche ich eine von sachsenweit derzeit 29 Klimaschulen. Die Initiative „Klimaschulen in Sachsen“ wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft und dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus 2015 ins Leben gerufen. Sie hat zum Ziel, die Themen Klimawandel, Klimafolgen und Klimaschutz auf vielfältige Weise im Schulalltag sächsischer Schulen fest zu verankern – sei es durch Wissensvermittlung im Unterricht, spezielle Fortbildungen für Lehrkräfte, Vernetzung mit Vereinen, klimaneutrale Schulfeste, eine klimafreundliche Gestaltung des Schulgebäudes, Begrünung von Außenanlagen, Nutzung von Ökostrom – um nur einige Maßnahmen zu nennen.
„Ohne Moos nichts los!“
Als mich Holger Köhler, Lehrer für Biologie und Chemie, und Mitglied des Klimakernteams am Léon-Foucault-Gymnasium begrüßt, führt er mich zuerst in die Bibliothek. Er zeigt mir dort drei moosbegrünte Bilder an der Wand und erzählt: „Ohne Moos ist ja bekanntlich nichts los. Moospflanzen sind in diesem Falle nützliche Pflanzen, die uns dabei helfen, das Klima in unserer Bibliothek zu verbessern, indem sie CO2 einfangen und die Luftfeuchtigkeit regulieren. Unsere Vision ist eine mehrere Meter breite und hohe Mooswand.“ Holger Köhler führt mich durch das Schulhaus. Hier begegnen mir echte Fahrräder, die an der Wand hängen, vielfältigste Kunstwerke und Gemälde, die aus gebrauchten Materialien gefertigt worden. Nicht nur die, auch die Grünpflanzen auf den Fluren und, wie ich später merke, auch in den Klassenzimmern, atmen den Grundgedanken der Schule, sich bewusst mit den langfristigen Folgen des eigenen Denkens und Handelns auseinanderzusetzen. Holger Köhler zeigt mir das bereits bepflanzte Areal mit den Apfelbäumen und Hochbeeten, direkt gegenüber dem Markenzeichen der Schule, dem Foucaultschen-Pendel, und vis à vis der umgebenden Plattenhochbauten. „Hier wollen wir in der näheren Zukunft einen Klimagarten schaffen. In einem Modellversuch haben unsere Schüler:innen wissenschaftliche Untersuchungsansätze der Universität Jena genutzt, bei der sie erforschen, welche Pflanzen an unserem Standort bei den vorherrschenden Bedingungen besonders gut bzw. schlecht wachsen.“
Das Klimakernteam hält alle Fäden in der Hand
Ich merke schnell: am Léon-Foucault-Gymnasium kann man beispielhaft sehen, wie der Gedanke „Klimaschule“ konkret in die Tat umgesetzt werden kann. Holger Köhler stellt mir die beiden Kolleginnen, Frau Hennig und Frau Mager, und die beiden Kollegen, Herrn Hopfauf und Herrn Hanspach, vom Klimakernteam vor. Das Team aus gestandenen und jungen Kolleg:innen trifft sich 14-tägig, bespricht Projektideen und plant deren Umsetzung. Noch vor der Bewerbung als „Klimaschule“ war das Léon-Foucault-Gymnasium bereits mit zahlreichen Projekten engagiert, die Schüler:innen zu einem schonenden, nachhaltigen Umgang mit Umweltressourcen zu motivieren.
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Von den Anfängen des KlimaschutzGedankens: Energiesparfüchse
„Schon 2016 gab es an unserer Schule die Energiesparfüchse. Schüler:innen aus Klassenstufe 8 zogen zusammen mit Experten durch das Schulgebäude, um nach Energieeinsparmöglichkeiten zu suchen. Das war damals unsere erste eigene Klimaklasse.“, erzählt Holger Köhler. Anerkennung dafür war im bundesweiten Energiesparmeister-Wettbewerb 2020 der 2.Platz.
Zoo-, Wald-, Schneckenprojekte und mehr als ein halber Hektar zukünftiger Wald
„Im Vorfeld unserer Bewerbung als Klimaschule gab es schon viele Projekte und Aktionen. Diese sind mittlerweile in einem Klimaschulplan verankert.“, fährt Holger Köhler fort. Er nennt das Zooprojekt in Kooperation mit dem Zoo und der Jugendfarm Hoyerswerda. Die Kinder konnten während verschiedener Exkursionen u.a. gefährdete Tierarten kennenlernen und herausfinden, dass der eigene Lebensstil auch Konsequenzen für die Tierwelt hat. In einem Waldprojekt erarbeitete die Klassenstufe 11 Stationen rund um das Thema Wald, die von der 6. Klasse gelöst werden mussten. Gleichzeitig wurde eine Müllsammelaktion durchgeführt und die Kinder für das Thema Umweltverschmutzung und Mülltrennung sensibilisiert. Oder das Schneckenprojekt. Weinbergschnecken wurden erfolgreich aus einem zukünftigen Baugebiet an den Gondelteich umgesiedelt. Dabei unterrichteten ältere Schüler:innen des Léon-Foucault-Gymnasiums Grundschüler:innen einer vernetzten Grundschule zum Leben der Weinbergschnecke.
Es folgten mehrere Baumpflanzaktionen zusammen mit der Stiftung Wald für Sachsen. Bis April 2022 konnten über 6800 Bäume gepflanzt werden.
Klimaschule gleich im ersten Anlauf
Die Schule arbeitete schon lange mit dem Umweltmobil „Planaria“ von der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt zusammen. Dieses brachte schließlich die Idee, „Klimaschule“ zu werden. „Das haben wir im September 2020 getan und die Jury gleich im ersten Anlauf überzeugt“, berichtet Holger Köhler.
Vision: erste klimaneutrale Schule Deutschlands zu werden
Gemäß dem Motto „Alle sprechen über das Klima – Wir Handeln!“ verfolgt das Klimakernteam das Ziel, erste klimaneutrale Schule Deutschlands zu werden. Jeweils über drei Jahre, von der 8. bis zur 10. Klasse, ist eine Klimaklasse damit betraut, diesem Ziel ein Stück näher zu kommen. Die zweite Klimaklasse hatte beispielsweise den Auftrag, den CO2-Fußabdruck des Léon-Foucault-Gymnasiums zu erstellen und daraus Maßnahmen abzuleiten. Das Ergebnis war ein Klimareport.
„Wir sitzen alle in einem Boot“
Und Herr Köhler zum Schluss: „In Zukunft wollen wir uns noch stärker mit anderen Schulen, auch international, vernetzen. Das hat uns vor kurzem der Schüleraustausch mit einer spani
schen Partnerschule zum Thema Fast Fashion und Mikroplastik gezeigt. Auch der Austausch zu den Bautzner Energietagen hat erwiesen, dass Firmen an einer Diskussion mit unseren Schüler:innen der Klimaklasse interessiert sind und diese bereits jetzt wichtige Ideengeber sind. Wir sitzen alle in einem Boot und sollten gemeinsam nach Lösungen suchen.“
Kategorien: Dresden NEWS , Schule und Bildung