Ratgeber

Mama schickt uns einen Regenbogen

Adina Schütze · 06.09.2023

Maik Naumann ist zweifacher Familienvater. Vor anderthalb Jahren verlor seine Frau Steffi den Kampf gegen den Krebs. Im St. Joseph-Stift und im Marienhospiz Dresden fand und findet die Familie Halt und Unterstützung. Kind+Kegel hatte die Chance, mit Maik über Trauer und Verlust zu sprechen.

Es ist ein wunderbarer Sommertag. Wir sitzen im Schrebergarten. Umgeben von Gurken, Zucchini, Himbeersträuchern und jeder Menge verblühter Pfingstrosen. „Das waren ihre Lieblingsblumen,“ erzählt mir Maik Naumann.
Der Garten sei nicht perfekt gepflegt, aber ein Teil der Familie. Viel zusätzliche Arbeit, aber die Nachbarn halten zusammen und die kleine Parzelle ist ein intimer Erinnerungsort. Erinnerungen sind wichtig. Maik Naumann hat im Frühjahr 2022 seine Frau verloren. Seitdem versucht er mit den beiden Söhnen in den Alltag zurückzufinden. Im Sommer waren sie endlich mal wieder in Schweden. Das Sehnsuchtsland des Paares. Hierhin wollten sie auswandern, wenn die Jungs erwachsen sind. Der Urlaub tat gut. „Mein Sohn fragte mich, ob ich mich wieder auf zu Hause freue. Das konnte ich gar nicht beantworten. Mir ist nur wichtig, dass wir drei zusammen sind. Nichts anderes zählt,“ erzählt Maik.

Familie Naumann, Papa Maik, Mama Steffi, Max und Toni

Als Steffi 2013 spürte, dass etwas nicht stimmte, war sie zum zweiten Mal schwanger – im 8. Monat. Das Baby sollte normal geboren werden. Bindung durch Stillen erfahren. Deswegen die Untersuchungen und die Gewissheit „Hirntumor“ erst später. Selbst nach der schweren OP gaben die Ärzte der damals 31-jährigen noch maximal drei Jahre. Es wurden am Ende neun – Dank der Kämpfernatur der Mutter, dem engen Zusammenhalt der Familie und dem Festhalten an Routinen. Steffi und Maik liebten ihre Jobs und haben sie mit Leib und Seele ausgefüllt, sich durchgebissen, bis es für Steffi gar nicht mehr ging. Da waren die Jungs Max und Toni 11 und 9 Jahre alt.
„Wir sind in dieser Zeit immer weiter zusammengerückt und haben uns gegenseitig Trost gegeben. Man hat einfach funktioniert und Stärke gezeigt. Wir wollten für die Jungs immer ein gutes Vorbild sein, dass man alles schaffen kann. Die Kinder haben wir immer mit ins Boot geholt. Zuletzt, als das Laufen, Sprechen und alles andere immer schlechter gingen, mussten die Jungs ihrem Vater auch einfach helfen. „Sie haben sich aber auch ihre Schutzräume gesucht. Das Kuschelzelt im Kinderzimmer wurde zum Rückzugsort.“

Im Wohnzimmer brennt immer eine Kerze für Mama

Die letzten fünf Wochen verbrachte Steffi im Marien-Hospiz am Krankenhaus St. Joseph-Stift in Dresden. Das war eine intensive und kostbare Zeit für die Familie, um langsam Abschied zu nehmen und Fürsorge zu bekommen. Hier kümmert man sich nicht nur um die Menschen, bei denen Heilung nicht mehr möglich ist. Hier bekommen auch die Angehörigen umfassende Zuwendung.
„Menschen, die einander nahestehen, trauern, wenn sie sich trennen müssen. Sie trauern umso mehr, je näher sie sich standen und je endgültiger der Abschied ist. Kinder haben zunächst kein Bild vom Tod, kennen Abschied nur als einen vorübergehenden Zustand. Sie sollten ihrem Alter entsprechend verstehen können, was mit dem Kranken geschieht, dass ein Abschied bevorsteht, der endgültig ist und darüber auch Erwachsene traurig sind. Wichtig für Kinder ist, dass sie mit ihren Fragen nicht allein gelassen werden und einen Ansprechpartner haben,“ sagt Dr. med. Barbara Schubert, Chefärztin der Klinik für Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin am Krankenhaus St. Joseph-Stift Dresden.

Der christliche Hospizdienst in Dresden begleitet Maik, Max und Toni weiterhin, solange sie es eben brauchen. „Die Kinder fordern es ein. Es tut ihnen gut,“ sagt Maik. Was der Familie auch gut tut, sind die vielen kleinen Rituale, die ihnen helfen, Mama weiter um sich zu haben. So gibt es die kleine Ecke im Wohnzimmer, in der immer eine Kerze brennt und das Steinherz in der Hosentasche. Oder es wird Mamas Lieblingsessen gemeinsam gekocht. Wenn der Regenbogen am Himmel besonders schön ist, dann hat ein Engel den geschickt.

Das Interview entstand in Kooperation mit dem Krankenhaus St. Joseph-Stift Dresden. Vielen Dank!


Wer Ähnliches erlebt hat, oder wer Beistand braucht, findet hier Rat und Unterstützung:

Diese beiden Seiten liefern auch einen guten Überblick und gebündelte Kontaktdaten:

Viele wertvolle Informationen zum Thema Trauer und Verlust bei Kindern findet ihr hier.

Kategorien: Ratgeber

© 2024 Kind + Kegel WORTGEWAND GmbH