Ratgeber

Ein Wochenbett-Knigge für Angehörige

Maria Grahl (mg) · 02.11.2017

pixabay.com/KoalaParkLaundromat

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Ein Baby ist geboren, wie schön. Natürlich möchte alle Welt den neuen Erdenbürger sofort zu Gesicht bekommen. Dass aber gerade die ersten Stunden und Tage eigentlich den Eltern gehören, die ihr Baby kennenlernen wollen, sich in die neue Situation einfinden müssen und Ruhe brauchen, beachten dabei die wenigsten. Kind + Kegel hat sich umgehört, was bei einigen Frauen im frühen Wochenbett „besuchsbedingt“ nicht so optimal gelaufen ist und gibt Tipps, wie man es besser machen kann.

Kathrin, 38 aus Dresden
„Ich bin eigentlich kein besonders verklemmter Mensch. Aber die körperliche Nähe meiner Schwiegermutter bei meinen ersten Stillveruschen war mir dann doch zu viel des Guten. Sie beugte sich direkt über meine Brust, um mir Tipps zu geben. Und das noch im Krankenhaus am ersten Tag nach der Entbindung.“

Marie, 29 aus Dresden
„Nach der Geburt meines ersten Kindes blieb ich drei Tage in der Klinik. Ein Fehler, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. Statt der erhofften Ruhe hatte ich permanent „Überraschungtsbesuch“ an meinem Bett. Kaum einer hielt es für nötig, sich vorher anzumelden. Schließlich gib ja das Krankenhaus eine Besuchszeit vor. Diese vier Stunden täglich nutzten meine Freunde, Bekannten und allen voran die Familie vollkommen aus. Kaum war einer gegangen, stand auch schon der Nächste an der Bettkante. Zum Stillen, was mir am Anfang schwer viel, schleppte ich mich in das Stillzimmer, weil ich mich vor meinem Besuch nicht entblößen wollte. Was mich aber am meisten nervte, war, dass mein Kind ständig im Arm eines anderen war. Eigentlich wollte ich selbst gern kuscheln, aber das war nur außerhalb der Besuchszeiten möglich. Abends war ich dann sehr von den langen Gesprächen und gutgemeinten Ratschlägen geschafft.“

Christin, 31 aus Dresden
„Mir machte weniger mein Besuch selbst, sondern der meiner Bettnachbarin zu schaffen. Rund um die Uhr stand da jemand am Bett und redete laut, während ich mit den Nachwehen zu kämpfen hatte.“

Laura, 24 aus Radebeul
„Mein Baby war vier Tage alt, da kam eine Freundin zu Besuch und sagte: 'Kannst du mir bitte einen Kaffee und eines deiner leckeren Schinkenbrote machen? Ich verhungere gleich.' Dass ich selbst den ganzen Tag noch nicht viel gegessen hatte, weil ich vor lauter Windeln wechseln, Stillen und Kind bekuscheln noch nicht dazu gekommen war, wusste sie natürlich nicht.“

Manuela, 34 aus Freital
„Meine Eltern hatten es nicht weit bis zum Krankenhaus und standen so kurz nach meiner 'Das Baby ist da'-SMS vor mir. Im Kreißsaal. Ich hatte noch nicht einmal geduscht und war nur teilweise bekleidet. Die Hebamme hatte mich zwar gefragt, ob sie meine Eltern hereinlassen darf, aber in dem Moment war ich nicht tough genug gewesen, nein zu sagen. Bis heute nehme ich ihnen diese wenig empathische Handlung jedoch krumm.“

Das Kind + Kegel-Wochenbett-Knigge

Nur kurz bleiben
Die Zeit nach der Geburt ist besonders und sollte einzig und allein den Eltern und dem Kind gehören. Selbst als Oma oder Tante sollte man eine gewisse Frist einhalten. Wie lang die sein sollte, kann man pauschal nicht sagen und hängt auch von der Familie selbst ab. Ist das Baby erst ein paar Tage alt, sollte der Besuch maximal 30 Minuten bleiben.

Vorher Anmelden
Überraschungsbesuche sind sonst vielleicht ganz lustig. Nicht aber bei Wöchnerinnen. Wenn sie überhaupt vollständig angezogen sind (durch das häufige Stillen/wunde Brustwarzen am Anfang ist das nicht immer der Fall), sind die jungen Mütter vielleicht auch einfach froh, wenn sie sich gerade einmal hinlegen und die Augen zumachen konnten. Daher gilt immer: Vorher anrufen und fragen, ob es passt.

Essen mitbringen
Ja, man kommt zu Besuch. Man sollte jedoch nicht erwarten, dass frischgebackene Eltern Kaffee und Kuchen auftischen. Stattdessen sollte man sich lieber selbst um Essen kümmern. Neben Kuchen sind auch vorgekochte Suppen ein tolles Mitbringsel, über die die Wöchnerin sich sicherlich freuen wird.

Ratschläge verkneifen
„Das Kind braucht doch aber Fenchel-Tee, sonst kriegt es Bauchschmerzen?!“ War früher so? Mag sein. Junge Eltern verwirren derlei Ratschläge jedoch mehr, als das sie nützen. Besserwisser-Kommentare jeglicher Art sollte der Besuch also für sich behalten. Erst recht solche, die die Stilldauer oder Schreizeit thematisieren.

Nicht parfümiert kommen
Schwangere sind besonders geruchsempfindlich, das wissen viele. Dass Babys aber eine noch feinere Nase haben, bedenken wenige. Daher sollte man bei einem Besuch im Wochenbett nicht vorher die Parfumflasche über sich auskippen.

Vorher nicht rauchen
Dasselbe gilt natürlich für Raucher. Die letzte Kippe vor einem Besuch bei einem Neugeborenen sollte mindestens eine halbe Stunde her sein.

Ein Nein akzeptieren
Ihr wollt das Baby schnellstmöglich sehen, bekommt von den Eltern aber zunächst einen Korb und erfahrt, dass es erst in zwei Wochen passt? Seid nicht beleidigt. Die Eltern werden einen Grund haben, warum es vorher nicht geht. Und ein Baby ist auch mit zwei Wochen noch niedlich.

Einfach fragen
„Was kann ich euch Gutes tun? Braucht ihr etwas? Soll ich etwas mitbringen? Oder mal mit dem Hund rausgehen?“ Bietet eure Hilfe einfach an und fragt nach, was sich die Familie vielleicht wünscht.

Zu guter Letzt ein Tipp für die werdenden Mütter: Überlegt euch vorher, was ihr wollt und was nicht. Je offener ihr vorher an den Familien- und Bekanntenkreis kommuniziert, was ihr auf gar keinen Fall möchtet, ist es für sie leichter, darauf einzugehen.

 

Kategorien: Kaleidoskop , Ratgeber

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