Kaleidoskop

Horch' mal her, im Kinderzimmer steppt der Bär

Gloria Wintermann (gw) · 04.09.2017

Gloria Wintermann

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Warum ist Musik so wichtig für die Entwicklung von Kindern? Warum hat sie so eine magische Anziehungskraft auf unsere Sprösslinge? Sollten Kinder viel Musik hören und natürlich auch am besten selbst machen? Macht klassische Musik unsere Babys schlauer? Kind & Kegel ist diesen Fragen auf den Grund gegangen und sprach dazu mit dem Pädagogen Alexander Karadschow. Er ist Bereichsleiter Musikschule im Freien Musikverein Paukenschlag e.V.

 

Lieselotte mag Zähneputzen überhaupt nicht, doch, wenn der Zahnmännlein-Rap erklingt, macht sie den Mund ganz von allein auf. Und Leo liebt es mit seiner Kindergartenmeute den Tischspruch bei kräftigem Klatschen, Trommeln, Schnipsen und Stampfen heraus zu plärren. Ob „Fuchs, Du hast die Gans gestohlen“, „Hänschenklein“ oder „Der Kuckuck und der Esel“ – die Ohrwürmer der eigenen Kindheit sind wahre Multitalente gegen Langeweile, schlechte Laune oder bei langen Autofahrten.

Warum ist Musik so wichtig für die Entwicklung von Kindern? Warum hat sie so eine magische Anziehungskraft auf unsere Sprösslinge? Sollten Kinder viel Musik hören und natürlich auch am besten selbst machen? Macht klassische Musik unsere Babys schlauer? Kind & Kegel ist diesen Fragen auf den Grund gegangen und sprach dazu mit dem Pädagogen Alexander Karadschow. Er ist Bereichsleiter Musikschule im Freien Musikverein Paukenschlag e.V.

Musik von Anfang an

Wie wichtig für den Menschen Hören und Musik sind, zeigt sich schon beim ungeborenen Kind: Bereits in der ersten Schwangerschaftshälfte nimmt es die Stimme seiner Mama und sämtliche ihrer Körpergeräusche wahr. Denn das Gehör ist als erstes Sinnesorgan schon 20 Wochen nach der Befruchtung voll ausgebildet. Dass das Vorspielen klassischer Musik in der Schwangerschaft unsere Babys schlauer macht, scheint laut aktueller Befunde allerdings ein Mythos zu sein. Viel eher ist davon auszugehen, dass Föten vor allem ruhige und harmonische Musik mögen und sich schon im Mutterleib Hörpräferenzen herausbilden. Klänge, bei denen sich die werdende Mama entspannt hat, können nach der Geburt vom Baby wiedererkannt und eine beruhigende Wirkung haben.

"Musik ist von Anfang an wichtig, besonders, wenn Kinder noch nicht sprechen können. Kinder, die im Vorschulalter musikalische Angebote erhalten, zeigen größere Fortschritte im Spracherwerb, in der Konzentrationsfähigkeit und im sozialen Verhalten. Sie haben ein besseres Rhythmusgefühl und sind aufgeschlossener, später selber ein Instrument zu erlernen“, weiß Alexander Karadschow. Die Forschung zeigt, dass Kinder Musik in ähnlichen Hirnregionen verarbeiten wie Sprache. Der Spracherwerb wird durch musikalische Anregungen angebahnt. Die Muttersprache kann auf diese Weise leichter angeeignet werden – sozusagen als eine spezielle Art von Musik.

„Papi, singst du mir ein kleines Liedl vor?“ (3-jähriges Mädchen)

Vertonte Reime, Klatschverse und das Spielen auf Orffschen Instrumenten wie Klanghölzern, Triangeln, Schellen u.a. sind für Kinder im Vorschulalter besonders eingängig. Denn sie sind leicht nachzuahmen und überfordern Kinder nicht. Kinderlieder erzählen zudem spannende und lustige Geschichten, die die Kleinen aufgrund ihrer Kürze gut verarbeiten können und ihre natürliche Bewegungsfreude anregen. „Wichtig ist, dass zu Hause viel gemeinsam gesungen wird und dass die musikalischen Angebote vielseitig sind. Es muss nicht immer ein Kinderlied sein. Auch ein Schlager oder Rap kann mit den Kleinen gemeinsam vertont oder getanzt werden“, so Karadschow weiter und er fügt hinzu: „Ich habe in meiner Arbeit gemerkt, dass heutzutage leider weniger mit den Kindern gesungen oder musiziert wird. Der technische Fortschritt verleitet dazu, eher den Fernseher oder den CD-Player anzustellen. Rituale, wie das tägliche Gute-Nacht-Lied fehlen. Dabei ist das gemeinsame Singen etwas sehr Beziehungsstärkendes. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Eltern besonders gut singen oder selbst ein Instrument spielen können.“

„Eine ernste Sache ist eine wahre Freude…“ (Seneca)

Hat man dem Kind erst einmal die Welt der Klänge, Geräusche, Töne, Rhythmen und Harmonien eröffnet, kann seine Musikalität durch das Erlernen eines eigenen Instrumentes weiter ausgebaut werden. Einem Instrument selbst Töne zu entlocken, stärkt nicht nur Grob- und Feinmotorik sondern auch Durchhaltevermögen, Umgang miteinander und Selbstbewusstsein. Dazu Alexander Karadschow: „Viele Eltern kommen zu zeitig. Erst ab dem 5. Lebensjahr können Kinder im Instrumentenkarussell verschiedene Instrumente ausprobieren und dann selbst entscheiden, welches Instrument am besten zu ihnen passt. Kinder merken: wenn sie geübt haben, klappt es besser, erhalten sie Lob und es macht einfach größeren Spaß. Wenn man ein Instrument lernt, lernt man auch mit Rückschlägen umzugehen und sich bei Tiefpunkten selbst zu motivieren – eine wichtige Fähigkeit für das Leben.“

Kontakt: Freier Musikverein Paukenschlag e.V., Fontane – Center, Sagarder Weg 3, 01109 Dresden, Tel. 0351 / 8 80 50 29, http://www.musikverein-paukenschlag.de

Hörtipp: Drei Ausgaben der Kinder-CD „Nola Note“ (Orchester, Weltreise und Zeitreise) von Jako-o (12,95€), ab 3 Jahren; Alexander Karadschow empfiehlt für kleinere Kinder (ab 4/5 Jahren) die Orchester-CD, auf der Instrumente vorgestellt werden. Die „Weltreise“ erklärt Musik in verschiedenen Ländern (vielleicht ab 6/7 Jahren) und die „Zeitreise“ in verschiedenen Epochen (7/8 Jahre).

 

Tags: Musik

Kategorien: Kaleidoskop

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