Dresden NEWS

„Kinder stellen Fragen. Warum siehst du so aus? Warum brauchst du so lange? ….“

Adina Schütze · 16.09.2022

In den Kindertageseinrichtungen und Horten der Volkssolidarität des Elbtalkreis Meißen e.V. ist „Inklusion“ und der offene Umgang mit „Anderssein“ gelebter Alltag.

Am 22. September 2022 lädt der Regionalverband der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißene.V. zu einem ganz besonderen Multimedia-Vortrag. Es geht um Inklusion in Kitas und Horten und wie es gelingen kann Menschen so annehmen zu können, wie sie sind. Referent ist Maik Kretzschmar. Der ausgebildete Artist und Kitaleiter gibt Einblicke in seine Arbeit als Inklusionsbeauftragter des Regionalverbandes Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen e.V. und zeigt anhand praktischer Beispiele, wie diese in der täglichen Praxis mit Kindern umgesetzt werden kann. Kind+Kegel hat sich mit dem ausgezeichnet vernetzten Pädagogen über die Herausforderungen von Inklusion und ganz besondere Projekte unterhalten.


Herr Kretzschmar, Sie sind nicht nur Leiter der VS-Kindertagesstätte „Zwergenland“ in Radebeul-Wahnsdorf. Sie wurden im Mai diesen Jahres außerdem zum Leiter des Referats Fort- und Weiterbildung der Deutschen Akademie Aktionskreis Psychomotorik (dakp) berufen und sind dort zuständig für die Neukonzeption, Planung und Organisation von Weiterbildungsangeboten (u.a. die Berufsqualifikation zum Psychomotoriker) für die dakp und den RegionalverbandVolkssolidaritätElbtalkreis-Meißen e.V.. Damit nicht genug, gestalten Sie den „Bewegten Tag, ein Tag der Motopädie“ mit und leiten als ehemaliger Artist ein Zirkusprojekt. Wie schaffen Sie das Alles?


Glücklicherweise bin ich gut strukturiert und habe ein sehr gut funktionierendes Netzwerk um mich. Dies ist ein jahrelanger Prozess, der sich kontinuierlich weiterentwickelt hat. Die angesprochenen Themen haben in meinen verschiedenen Lebensabschnitten eine Rolle gespielt. So habe ich nach der staatlichen Anerkennung zum Motopäden eine Lehrqualifikation an der Deutschen Akademie Aktionskreis Psychomotorik (dakp) absolviert und damit die Befähigung erlangt, Weiterbildungen zu halten. Es entstand zum Beispiel die Idee, einen Fachtag für Erzieher:innen und Pädagog:innen mit dem Schwerpunkt Psychomotorik zu organisieren, welchen wir übrigens 2023 zum 6. Mal für die Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen e.V.  in Kooperation mit der dakp durchführen. So haben sich viele Dinge und Projekte entwickelt und entfalten können. Ich spüre schon so eine Art Rastlosigkeit in mir, bin neugierig und habe Freude daran, Ideen zu entwickeln. Gleichzeitig gibt es mir ein befriedigendes Gefühl, wenn Projekte angeschoben werden, oder wenn Projekte einfach gut laufen.


Inklusion, das meint nicht nur das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit Diversität oder der Flüchtlingsproblematik. Wo liegen die größten Hürden bei der Inklusion in Kitas und Horten?


Ich würde es nicht als Hürden bezeichnen, sondern Herausforderung nennen. Worum geht es? Es geht darum, sich in die Lebenswelt eines Menschen mit Förderbedarf hineinversetzen zu können. Was benötigen diese Menschen? Wie kann ich die aktuelle Lebenswelt auf seine Bedürfnisse anpassen? Bin ich gedanklich dazu bereit, die Person so anzunehmen, wie sie ist? Welche Haltung nehmen die Kolleg*innen ein? Ist der besondere Mensch „ANDERS“ oder einer von „UNS“? Manchmal haben wir Berührungsängste und es fehlt uns die Routine im Umgang mit besonderen Menschen. Aber wenn wir offen, freundlich und zugewandt auf die Menschen mit Förderbedarf zugehen und Hindernisse aus dem Weg räumen, bin ich der Überzeugung, schaffen wir das. Denn erst wenn wir uns gedanklich über das „Anderssein“ keine Gedanken mehr machen und wir Menschen so annehmen können, wie sie sind, dann haben wir diese Herausforderung gut gemeistert.


Erzieher:innen und Pädagog:innen haben in letzter Zeit viel für bessere Bedingungen in den Einrichtungen gekämpft. Konnten auch Verbesserungen für den Bereich Inklusion erreicht werden?


Wir sind hier auf einem guten Weg. Der Gedanke Inklusion wird ja nicht einfach nur beschlossen, sondern das Verständnis und die Haltung muss zuerst in jedem selbst reifen. In den Einrichtungen der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen e.V. wird viel dafür getan. Die Kolleg:innen bekommen beispielsweise die Möglichkeit, sich fachlich weiterzubilden und die verschiedenen Kompetenzansätze kennenzulernen. Das Projekt „Psychomotorischer Kindergarten“ als erste zertifizierte Kindertageseinrichtung in Radebeul/Dresden ist ein weiterer Meilenstein. Mit Hilfe der Bereitstellung finanzieller Mittel werden die Veränderungsprozesse intensiv begleitet. Innerhalb unseres Unternehmens haben wir weiterhin ein eigenes Diagnostik und Beratungszentrum etabliert, um einen interdisziplinären Austausch zwischen Eltern, Therapeuten und Pädagogen zu schaffen. Ich denke, wir sind da ein Vorreiter in der Umsetzung des Gedanken der Inklusion.

In den Einrichtungen der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen werden aktuell 74 Kinder inklusiv betreut. Wie viele Kinder würden denn gerne in Ihren Einrichtungen betreut werden? Das sind sicher viel viel mehr?

Diese Frage ist so einfach nicht zu beantworten. Da gibt es einerseits rechtliche Vorgaben, an die wir uns als Unternehmen halten müssen. Andererseits spielen Platz- und Raumverhältnisse, Personalschlüssel oder bautechnische Voraussetzungen eine Rolle, um Kinder mit erhöhten Förderbedarf betreuen zu dürfen. Auch wenn die Nachfrage an Inklusionsplätzen manchmal größer ist, können wir nicht unbegrenzt viele Kinder betreuen.

Können Eltern im Kitaalltag die inklusive Arbeit der Erzieher unterstützen? Was würden sie sich wünschen? Sie laden zur Veranstaltung am 22.9. ja auch Eltern ein. Was vermitteln Sie ihnen?

Es ist sehr wichtig, dass Eltern im stetigen Austausch mit der jeweiligen Kita und den betreuenden Therapeuten stehen. Nur so kann man Entwicklungsprozesse anschieben, begleiten und steuern. Bei Menschen mit Förderbedarf geht es häufig darum, welche Ressourcen das Kind oder der Erwachsene hat. Manchmal gelingt es uns nicht gleich, diese zu entdecken. Eine von vielen Möglichkeiten ist beispielsweise ein inklusiver Zirkus oder Tanz- und Theaterprojekte. Dabei können Menschen mit und ohne Behinderung besondere Fähigkeiten an sich entdecken. Spielerisch erleben Kinder oder Erwachsene die Möglichkeit, sich auszuprobieren und etwas „Besonderes“ zu sein. Als ehemaliger Artist kenne ich das Gefühl, in einer Manege zu stehen, Teil einer Gruppe zu sein und wie es sich anfühlt, Applaus zu erhalten für eine Leistung. Solche Projektideen sind für mein Verständnis auch Teil der inklusiven Arbeit, Momente zu schaffen für Menschen mit besonderen Bedarfen. Da kann man gut zeigen, auch du bist wichtig und wertvoll. Das versuche ich zu vermitteln.

Kinder brauchen da wahrscheinlich keine Anleitung. Man sollte meinen, sie gehen frei, unbefangen und ohne Vorurteile mit dem „Anderssein“ um. Oder wie erleben Sie das im Kita-Alltag?

Kinder stellen Fragen. Warum siehst du so aus? Warum brauchst du so lange? ….Wenn es dann die Bezugsperson schafft, den Kindern das Verhalten oder die Behinderung kindgerecht zu erklären, nehmen es die Kinder nach meiner Erfahrung so an und können gut damit umgehen. Oft erlebe ich dann einen hilfsbereiteren und verständnisvolleren Umgang im Miteinander. Und so entsteht eine Form von Normalität.

Vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Informationen:

www.soziales-bildungszentrum.de

www.volkssolidaritaet-meissen.de

 

 

 

  

VORTRAG / MULTIMEDIA-SHOW

"Wie Inklusion in den Kindertageseinrichtungenund Horten desRegionalverbandes Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißene.V. gelingt-oder die Haltung gegenüber dem Anderssein."

Die Veranstaltung findet statt im Rahmen der „Interkulturellen Wochen“der Diakonie Meißen vom 18.9. bis 2.10.2022, #offengeht.

 

Wann: 22. September 2022, 9 Uhr, Dauer: ca. 2,5 Stunden
Wo: Veranstaltungshalle im Kulturbahnhof Radebeul-Ost, Sidonienstr. 1, 01445 Radebeul

Eintritt: frei!

Die Veranstaltung richtet sich an Erzieher:innen, Lehrer:innen,Sozialpädagog:innen und Tagesmütter. Auch interessierte Eltern und Großeltern sind herzlich eingeladen.

 

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